Warnstreik beim NDR
Gewerkschaften verkünden Streik-Pause zur US – Wahl
Die Gewerkschaften DJV, ver.di und unisono haben ein Streik-Moratorium ab sofort bis einschließlich Sonntag, 10. November 2024, angekündigt. Ziel ist, die ungehinderte Berichterstattung über die Präsidentschaftswahlen in den USA und deren Folgen zu ermöglichen. „Wir wollen unsere Kolleg*innen nicht vor die Wahl stellen, entweder über ein bedeutendes weltpolitisches Thema zu berichten oder den legitimen Honorar- und Gehaltsforderungen durch weiterhin erforderliche Warnstreiks Nachdruck zu verleihen“, sagen die Verhandlungsführer*innen Peter Dinkloh (ver.di), Anja Westheuser (DJV) und Michael Irion (unisono).
Die Gewerkschaften haben sich zu diesem Signal entschieden, obwohl der NDR in der nunmehr 11. Tarifrunde keinerlei Bewegung gezeigt hat, im Gegenteil: Der NDR habe angedroht, statt der angebotenen Erhöhung der Gehälter und Honorare um 5,21 Prozent zum 1. Oktober 2024 nur noch eine Erhöhung um 4,71 Prozent zu gewähren. Die Differenz von 0,5 Prozentpunkten habe der NDR an Veränderungen an der Gehaltstabelle geknüpft, die die drei Gewerkschaften aber ablehnen. „Wir befürchten, dass der geplante Eingriff in die Gehaltstabelle ein Einstieg in weitere Abschmelzungen gewesen wäre und sind dazu nach wie vor nicht bereit," erklärt DJV-Verhandlungsführerin Anja Westheuser. Der NDR bietet weiterhin eine zweite prozentuale Steigerung um lediglich 1,23 Prozent zum 1. Januar 2026.
Abkoppelung vom Öffentlichen Dienst droht weiterhin
Unisono-Verhandlungsführer Michael Irion kritisiert, dass das Angebot des NDR damit weit unter dem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) liege: „Während im TV-L die Gehälter im Durchschnitt um mehr als 11 Prozent steigen, bietet der NDR seinen Beschäftigten nur etwas mehr als die Hälfte an. Das ist weit von einem Inflationsausgleich entfernt und koppelt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom öffentlichen Dienst ab. Dies bedeutet alles andere als eine Wertschätzung der Arbeit der Kolleg*innen.“
Keine Zugeständnisse an Freie
Bei Honorarfortzahlung im Krankheitsfall für Freie halte der NDR an einer Zwei-Klassen-Gesellschaft fest: Freie sollten zwar ab dem ersten Tag einen Ausgleich erhalten, allerdings beschränkt auf einen Maximalbetrag von rund 170 Euro. „Freie sollen nach wie vor gegenüber Festangestellten schlechter gestellt werden, wenn sie krank sind. Dabei hatte der Reimers-Bericht zur Unternehmenskultur an genau dieser Stelle eine Gleichbehandlung eingefordert,“ sagt der freie Mitarbeiter Jörg Hilbert (ver.di).
Bei den Honoraren für freie Beschäftigte in Online-Redaktionen sehe der NDR nach wie vor keinen Verbesserungsbedarf: „Im NDR herrscht untarifierter Wildwuchs bei Online-Honoraren“, sagt die freie Online-Mitarbeiterin Jacqueline Moschkau (ver.di). „Die Leitung des NDR sieht in der Online-Verbreitung unsere Zukunft, bietet den Kolleg*innen in diesen Bereichen aber keine Planungssicherheit, bezahlt sie sehr unterschiedlich und deutlich zu niedrig.“ Auch bei den Honoraranhebungen für freie Grafiker*innen und Cutter*innen habe der NDR sein Angebot nicht nachgebessert.
DJV, ver.di und unisono weisen darauf hin, dass der NDR erst in der letzten Verhandlungsrunde kleine Verbesserungen angeboten hat. „Der NDR hat über Monate auf Zeit gespielt. Entscheidend ist für uns nun ein werthaltiges Ergebnis der Tarifhandlungen“, sagt ver.di-Verhandlungsführer Peter Dinkloh. Die nächste Verhandlungsrunde soll am 12. November 2024 stattfinden.