Vergessene Opfer der NS - Zeit
Erster Stolperstein in Hamburg für einen Zwangsarbeiter
Wer auf Hamburgs Elbinsel Kaltehofe heute spazieren geht, schaut sich auch die historischen Wasserbecken mit den runden Backstein – Pumphäuschen an. Ein Mahnmal auf dem Gelände erinnert an die 219 NS-Zwangsarbeiter, die im Nationalsozialismus noch bis kurz vor Kriegsende unter härtesten Bedingungen und bei jedem Wetter in den abgepumpten Becken Steine mit der Hand vom Grund herausschleppen mussten, um die Filterbecken bei Funktion zu halten – körperliche Schwerstarbeit bis zur Erschöpfung. Einer von ihnen war Italo Carlini, ein italienischer Militärinternierter und NS-Zwangsarbeiter der damaligen Hamburger Wasserwerke. Er und seine Mithäftlinge mussten u.a. in den Filterbecken und der Dreherei der Hamburger Wasserwerke schuften. Am 20. März 1945 kam Italo Carlini im Internierungslager vor dem Billhorner Deich 2 in Rothenburgsort ums Leben. Er war 23 Jahre alt.
79 Jahre sind seither vergangen. Nun soll an Italo Carlini mit einem Stolperstein erinnert werden. Es ist der erste Stolperstein für einen der italienischen Militärinternierten und überhaupt für einen NS-Zwangsarbeiter in Hamburg.
Am Freitag, dem 26. April 2024 um 14:00 Uhr werden Ingo Hannemann, Geschäftsführer von Hamburg Wasser und der italienische Generalkonsul für Norddeutschland, David Michelut gemeinsam den Stein vor dem Unternehmenssitz am Billhorner Deich 2 in Hamburg-Rothenburgsort verlegen.
Italo Carlini wurde 1921 in Ferrara/Italien geboren, im September 1943 als italienischer Soldat nach Deutschland verschleppt, wo er als Zwangsarbeiter bei den Hamburger Wasserwerken in Rothenburgsort eingesperrt und zu härtester Arbeit gezwungen wurde.
Ole Borgard, stellvertretender ver.di HH Landesbezirksleiter, der in den Betrieben mit den Beschäftigten für eine würdige Erinnerungskultur kämpft und bei der Stolpersteinverlegung anwesend sein wird: „Seit vielen Jahren bemühen wir uns gemeinsam mit der „Projektgruppe italienische Militärinternierte Hamburg“ um ein würdiges Gedenken. Italo Carlini und sein Schicksal steht für viele, die hier in Hamburg zwangsarbeiten, leiden und sterben mussten und die nicht vergessen werden dürfen. Ich freue mich, dass Hamburg Wasser diese Erinnerungsarbeit unterstützt und die Vergangenheit des eigenen Unternehmens aufarbeitet.“
Historischer Hintergrund: Nach der Kapitulation Italiens am 8. September 1943 und einem Waffenstillstand mit den Alliierten, wurden die italienischen Soldaten von der deutschen Wehrmacht gefangenen genommen. Wer sich weigerte, weiter an der Seite Deutschlands zu kämpfen, wurde als Zwangsarbeiter vor allem nach Deutschland verschleppt.
„Das NS-Regime wollte den Status der Gefangenen als kriegsgefangene Soldaten nicht anerkennen und machte sie zu Militärinternierten. Damit sollte für sie die Einhaltung internationaler Konventionen nicht gelten“, sagt Jan Krüger von der Projektgruppe italienische Militärinternierte Hamburg. „Bis heute sind sie wie die anderen NS-Zwangsarbeiter nicht entschädigt worden. Dafür treten wir politisch ein.“