• Wer waren Paula und Oskar Mielke?

    Hier findest du kurze Biografien der beiden Widerstandskämpfer*innen Paula und Oskar Mielke. Die Langfassung der Biografie von Paula Mielke steht ebenfalls hier zur Verfügung.

    Die Stolpersteine von Paula und Oskar Mielke mit Nelken.
    © Gert Krützfeld

Wer war Paula Mielke?

Paula Mielke
geschiedene Sens, geb. Jungmann,
27.12.1910 - 22.05.1946


Paula Mielke wurde nicht einmal 36 Jahre alt. Sie verstarb unerwartet am 22. Mai 1946. Während einer Reise für die Kommunistische Partei erlitt sie in Flensburg einen Herzschlag.
Sie wuchs im Hamburger Arbeiter*innen-Millieu auf und war bereits in den dortigen Kindergruppen aktiv gewesen. Als junge Frau war sie als Bürokraft tätig. Im Jahr 1933 arbeitete sie als Sekretärin des Bezirkskomitees der Revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO) im Bezirk Wasserkante (Hamburg und Schleswig-Holstein).
Es gab es sehr bald Repressionen gegen politische Gegner*innen, nachdem die NSDAP am 30. Jan. 1933 an die Macht gekommen war. Paulas Tätigkeit für die RGO war riskant. Ende 1933 wurde sie von der Gestapo gefasst. Nach den erhaltenen Haftkarteikarten befand sie sich von Ende Nov. 1933 bis Dez. 1934 in Haft bzw. Untersuchungshaft.
Im Mai 1934 war sie wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ von der NS-Justiz verurteilt worden.
Im Nachruf der Kommunistischen Partei auf Paula Mielke wird geschildert, dass sie sich in der Haft sehr konsequent an einem Hungerstreik gegen die Folterung der politischen Gefangenen beteiligt hatte und dafür besonders harte Strafen wie Dunkelhaft auf sich nahm.
Nach ihrer Entlassung beteiligte sich Paula weiter an der politischen Arbeit, wurde wieder verhaftet und verurteilt. Nachgewiesen ist, dass sie sich von Februar bis Dezember 1936 in sogen. Schutzhaft im Konzentrationslager Fuhlsbüttel oder in Gefängnissen befand.
Im Jahr 1937 erfolgte Paulas Scheidung von ihrem ersten Ehemann. Die beiden Söhne aus dieser Ehe wuchsen in einer Pflegefamilie auf. Weder Mutter noch Vater erhielten das Sorgerecht. Das Blatt aus der Vormundschaftsakte legt nahe, dass die illegale politische Arbeit und die Gefängnisstrafen der Grund dafür waren.
1938 heirateten Paula und ihr zweiter Ehemann Oskar Mielke. 1939 wurde die Tochter Heike geboren. Während des Krieges wurde Oskar Mielke zum „Bewährungsbataillon 999“, einem Strafbataillon, eingezogen. Aus dieser Zeit sind einige Briefe erhalten, die Paula ihrem Mann schrieb.
Darin zeigt sich, dass sie sich sehr gut schriftlich ausdrücken konnte. Sie war glücklich über ihre Tochter, freute sich über ihre gute Auffassungsgabe.
Paula machte auch ihre Bildungsmotivation deutlich. Sie hatte eine Sanitätsausbildung absolviert, wurde aber wegen ihrer Verurteilung nicht eingesetzt. Sie schrieb, dass sie gern Lehrerin werden möchte, wenn die Möglichkeit dazu bestehe. Sie besuchte auch Vorlesungen an der Universität um sich geistig zu schulen.
Nach dem Krieg war sie wieder für die Partei aktiv. Wie aus einer Visitenkarte hervorgeht, arbeitete sie auch als Sekretärin für den 1. Hamburger Gesundheitssenator nach der Befreiung vom NS-Regime, für Friedrich „Fiete“ Dettmann. Er war einer der Unterzeichner des Aktionsprogramms von Sozialdemokraten und Kommunisten vom 24. Juli 1945. Dies enthielt Maßnahmen zur Versorgung der Bevölkerung und zur Wiederherstellung der Wirtschaft und der städtischen Infrastruktur. Ebenso wurden Schritte zur Demokratisierung der Gesellschaft vereinbart, die ja noch von der NS-Ideologie durchsetzt war.
Paula engagierte sich in dieser Zeit weit über ihre Kräfte. Dies dürfte nach Gefängnis- und KZ-Aufenthalten und den Anstrengungen illegaler Arbeit zu ihrem frühen Tod mit nicht einmal 36 Jahren beigetragen haben.
Am 31. Mai 1946 wurde Paula Mielke unter großer Beteiligung ihrer politischen Weg-gefährt*innen auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt.
Am 18. Mai 2019 wurden im Gedenken an sie und ihren Ehemann Oskar Mielke vor dem Haus Eppendorfer Weg 57 Stolpersteine verlegt.


Ruth Sanio-Metafides


Quellen:
Sta H 213-8; Sta H 241-1; Sta H AfW 351-11
Hamburger Volkszeitung Mai/ Juni 1946
Hochmuth/ Meyer: Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand 1933 - 1945 (1980)
Briefe, Fotos aus Privatbesitz

Die Verlegung der Stolpersteine

 

Paula Mielke

Portrait von Paula Mielke
© Heike Lorenzen

Wer war Oskar Mielke?

Oskar Mielke
22.10.1908 - 20.11.1989


Oskar Mielke wurde 81 Jahre alt – und das, obwohl er im politischen Widerstand gegen Adolf Hitler war und harte Strafen für seine politische Haltung auf sich nehmen musste. Oskar Mielke wurde in Otterndorf, Landkreis Cuxhaven, als Sohn von Eduard und Helene Mielke geboren. Er erlernte das Handwerk eines Klempners. Außerdem war er Mitglied der KPD und nach dem zweiten Weltkrieg Mitglied der VVN und der IG Metall. Nachdem die NSDAP am 30. Januar 1933 an die Macht gekommen war, gab es sehr bald Repressionen gegen politische Gegner*innen. Aufgrund von Oskars aktiver Arbeit in der KPD verbüßte er vom 31.01.1933 bis zum 11.02.1933 eine Untersuchungshaft. Im August 1933 wurde Oskar Mielke wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, von der er 2 Jahre und 6 Monate verbüßte. Vermutlich wurden Oskar während dieser Zeit sämtliche Zähne ohne Betäubung gezogen – eine Foltermethode des
Nationalsozialistischen Regimes. Ab 01.12.1942 war er unfreiwillig als Teil des Bewährungsbataillons 999 (Strafbataillon) in Griechenland eingesetzt und geriet in
Kriegsgefangenschaft, vermutlich in Großbritannien. Von den 20 Teilnehmern seiner Einheit kehrten nur Oskar Mielke und ein weiterer Soldat lebend nach Deutschland zurück.

1938 heirateten Oskar und Paula Mielke, geschiedene Sens, geb. Jungmann. 1939 wurde die Tochter Heike geboren. Oskar wurde 1942 zur unfreiwilligen Teilnahme am Bewährungsbataillon 999 herangezogen. Aus dieser Zeit sind ein Fotoalbum von Oskar „Kriegserinnerungen“, mit Fotos u.a. von seinem Aufenthalt in Griechenland sowie einige Briefe erhalten, die Paula ihrem Mann schrieb. Aus dem Fotoalbum wird ersichtlich, dass Oskar ein Interesse für Kunst hatte. Seiner Tochter Heike brachte er einen silbernen Anhänger mit einem Bild von der Akropolis mit. Zudem schnitzte er während seiner Kriegsgefangenschaft ein Schachspiel, das bis heute erhalten ist. Auch während seiner späteren Tätigkeit als Klempner verlieh er seinen künstlerischen Ambitionen Ausdruck, indem er für seine zweite Frau, Margarethe Mielke, aus einem Kupferrohr eine Vase schmiedete.

Nach dem Krieg hat Oskar sich politisch kaum noch engagiert. Als er aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurde und nach Hamburg zurückkehrte, war seine Frau Paula, die sich im Widerstand bis weit über ihre Kräfte engagiert hatte, bereits verstorben. Seine Tochter Heike hatte er jahrelang nicht gesehen, sie wurde von Verwandten von Paula betreut und ging bereits zur Schule. Aufgrund von Paulas Engagement im Widerstand hatten sie eine Wohnung in Hamburg Eimsbüttel erhalten. Am 08.05.1948, als Heike 9 Jahre alt war, heiratete Oskar ein zweites Mal, seine zweite Frau Margarethe brachte die fünfjährige Tochter Hannelore mit in die Ehe. Ein Jahr später wurde der Sohn Holger geboren. Sie wohnten in der o.g. 2 ½ Zimmer Wohnung im Eppendorfer Weg.
Oskar arbeitete wieder als Klempner .
Für den Freiheitsentzug während des Nationalsozialismus beantragte Oskar eine Entschädigung, die ihm 1950 im Rahmen von 9000 DM gewährt wurde.
Oskar verstarb im Jahre 1989 nach einer langen und schmerzhaften rheumatischen Erkrankung und wurde im Kreise seiner Familie auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt.
Am 18. Mai 2019 wurden im Gedenken an Oskar und seine erste Ehefrau Paula Mielke vor dem Haus Eppendorfer Weg 57 Stolpersteine verlegt.


Anja Lorenzen


Quellen:
Sta H 242 – 1
Sta H AfW 351 – 11
Hochmuth/ Meyer 1980
Briefe, Fotos: Privatbesitz

Oskar Mielke

Oskar Mielke
© Privatbesitz

Der Paula-Mielke-Preis von ver.di Hamburg

Mit dem Paula-Mielke-Preis zeichnet ver.di Hamburg Kolleg*innen aus, die in Betrieben und/oder als Gewerkschafter*innen für Toleranz, Chancengleichheit und ein solidarisches Miteinander eintreten und zum Beispiel über Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, über Aktionen, Kampagnen oder Veranstaltungen Ausbeutung, Unterdrückung, Diskriminierung und/oder Rassismus entgegentreten.

Der Preis ist benannt nach der Hamburger Antifaschistin Paula Mielke, die in verschiedenen Gruppen und Organisationen der Arbeiter*innenbewegung mutig und standhaft Widerstand leistete gegen das NS-Regime.

Verleihung des Paula-Mielke-Preises 2023

ver.di Kampagnen